OSZ Wirtschaft und Sozialversicherung
Fachbereich Rechtslehre / Wn

LA Unerlaubte Handlung
LE Verschuldenshaftung   Alkohol im Straßenverkehr

 

Eine hohe Anzahl von Verkehrsunfällen ist auf vorangegangenen Alkoholgenuss zurückzuführen. Vielen Teilnehmern am Straßenverkehr ist leider nicht bewusst, welche Gefahren, für sich selbst, aber auch für andere, vom alkoholisierten Fahren ausgehen.

 

Hierzu muss man zunächst wissen, wie der Körper auf Alkohol reagiert.

Alkohol beeinflusst die Koordinationsfähigkeit der Muskulatur und führt zu Störungen der Feinmotorik, der Sprech- und Augenmuskulatur. Das Gleichgewichtsorgan wird gestört und die Reaktionszeit verlangsamt. Die Auffassungsgabe wird vermindert und die Aufmerksamkeit gestört. Alkohol wirkt auf das Verhalten enthemmend, dies führt zu einer Erhöhung der Risikobereitschaft.

 

Dies stellt sich im Straßenverkehr wie folgt dar:

 

 

BAK

(in Promille)

Auswirkungen

ab 0,3

erste Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit, vor allem bei Fahranfängern spürbar

0,5 bis 1,0

Leichter Schwips, Redseligkeit, Enthemmung, erste Störungen der Sinnesorgane

1,0-1,5

Leichter Rausch, starke Enthemmung, verwaschene Sprache, generelle Beeinträchtigung von Motorik und Sinnesorganen, Eintritt absoluter Fahruntüchtigkeit ab 1,1 Promille

1,5 bis 2,0

Deutlicher Rausch, Schwanken, Distanzlosigkeit, Uneinsichtigkeit, evtl. deutliche Aggressivität

ab 2,0

Gefahr tödlicher Alkoholisierung bei Trinkungeübten, häufig schon eingeschränkte Schuldfähigkeit

2,5 bis 3,0

Schwerer Rausch, allgemeiner Persönlichkeitsabbau, Bewusstseinsstörungen, Erbrechen; i.d.R. eingeschränkte Schuldfähigkeit

3,0 bis 3,5

Vollrausch, Torkeln, Lallen, Desorientiertheit, Blackout, i.d.R. Schuldunfähigkeit

3,5 bis 5,0

Tödlicher Verlauf auch bei Trinkgewohnten

 

Diese Übersicht bietet aber nur eine grobe Einteilung, denn die körperlichen Reaktionen hängen stark von der Trinkgewöhnung ab.

 

Zur Berechnung der theoretisch höchstmöglichen BAK dient folgende (Näherungs-) Formel nach Widmark: Die Berechnungen haben einen Fehler von ca. +/- 20%, der von der individuellen körperlichen Beschaffenheit abhängt. Es wäre daher u. U. verhängnisvoll, sich an die entsprechende Promille-Grenze „heranzutrinken“; z.B. nach dem Motto „Einer geht noch, einer geht noch rein“!

Widmark-Formel:         BAK =  

Dabei bedeuten:

 

BAK = Blutalkoholkonzentration (BAK) in g/1000 ml Blut = PROMILLE

 

A = insgesamt aufgenommener Alkohol in Gramm

Die Formel verlangt die Angabe von Alkohol in Gramm. Auf den Getränken ist der Alkoholgehalt in Volumenprozenten pro ml angegeben. Das soll an einem Beispiel gezeigt werden:

 

Bier hat i.d.R. 5Vol% Alkohol, das bedeutet in 100 ml Bier sind 5 ml Alkohol.

Das spezifische Gewicht von Alkohol (0,785) ist geringer als bei Wasser. In 100 ml Bier sind also  5 * 0,785 = 3,925 g Alkohol (A).

Trinkt jemand 0,5 l Bier (= 500 ml), so errechnet sich die aufgenommene Alkoholmenge (A) folgendermaßen:

 

A =  = 19,625 g

 

Allgemein gilt also

 

A =

 

Hierbei bedeuten:

 

AngabeVol% = Auf dem Getränk gemachte Angabe zum Alkoholgehalt (Vol%)

0,785 = sezifisches Gewicht von Ethanol (Alkohol)

mlGetränk = aufgenommene Trinkmenge

 

Das Resorptionsdefizit bei der Alkoholaufnahme beträgt durchschnittlich 10%, da Teile des Alkohols durch Atem, Urin und Schweiß ausgeschieden werden bzw. durch Nahrung gebunden werden. Bsp: 20g -10% (= 2g) = 18g

oder einfacher A * 0,9

 

Für den aufgenommenen Alkohol A gilt damit folgende Formel:

 

A =

 

 

KG = Körpergewicht des Trinkers in Kilogramm

 

r = Reduktionsfaktor (Widmarkfaktor), bezogen auf das Körpergewicht: der Reduktionsfaktor beträgt 0,7 bei Männern und 0,6 Frauen (Normaltypen), der Unterschied ergibt sich aus der unterschiedlichen Körperzusammensetzung (Fett, Blut, etc. bei Männern und Frauen).;

das reduzierte Körpergewicht errechnet sich aus KG × r

 

 

Umgestellte Widmark-Formel

 

BAK =

 

 

Bsp: Ein 70 kg schwerer Mann trinkt ein Bier (0,5l, 5 Vol%):

 

(5 * 0,785 * 500 * 0,9) / (70 * 0,7 * 100) = 0,36 Promille

 

 

In der Praxis wird von einem stündlichen Abbauwert von 0,10 bis 0,15 Promille ausgegangen. Dieser Wert hängt aber von der körperlichen Konstitution ab und kann durch mehrere Faktoren (Müdigkeit, Medikamente, Drogen) beeinflusst werden. Bei Verkehrsstraftaten wird von der Rechtsprechung übrigens in den ersten beiden Stunden nach Trinkbeginn kein Abbau angenommen, da es eine gewisse Zeit dauert, bis der Körper Alkohol absorbiert (sog. Anflutungsphase)

 

Besonders gefährlich ist die Autofahrt am "Morgen danach", da häufig angenommen wird, dass einige Stunden Schlaf zur Nüchternheit führen.

 

Bsp: Eine 60 kg schwere Frau trinkt zwischen 20 und 23 Uhr 6 Gläser Rotwein à 0,2 l (12 Vol%). Hieraus errechnet sich nach obiger Formel eine maximale BAK von 2,82 Promille (12 * 0,785 * 0,9 * 1200) / (60 * 0,6 *100). Morgens um 6 Uhr hat sie immer noch eine BAK von 1,32 bis 1,82 Promille und ist damit absolut fahruntüchtig.

 

Trinkt sie abends eine Flasche Wein (0,7 l), hat sie am nächsten Morgen noch eine BAK von 0,15 bis 0,65 Promille. Jetzt noch ein Glas Sekt zum "Munterwerden" und die BAK steigt wieder um 0,2 auf 0,35 bis 0,85 Promille !!!

 

Die Ahndung / Bestrafung der Alkoholfahrt: Ordnungswidrigkeit oder Straftat

 

Die Ahndung einer Alkoholfahrt ist von der festgestellten Blutalkoholkonzentration und den Folgen der Alkoholfahrt abhängig.

Die Feststellung der BAK erfolgt durch Alkometer (Messung des Alkoholgehaltes in der Atemluft und Umrechnung auf die BAK) (Kosten ca. 100,-- €) oder durch Blutentnahme (Kosten ca. 250,-- €).

 

Bei den Rechtsfolgen einer Alkoholfahrt ist zu unterscheiden, ob es sich um einen Verstoß gegen § 24a StVG oder einen gegen § 315c, §316 StGB handelt.

 

Unterscheidung StVG / StGB

 

Grundsätzlich kommen für eine Autofahrt mit einem erhöhten Alkoholgehalt im Blut zwei Vorschriften in Betracht. Zum einen sind dies die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), und zum anderen die des Strafgesetzbuches (StGB). Die Rechtsfolgen unterscheiden sich zum Teil beträchtlich: Hat man nämlich einen Verstoß nach den Vorschriften der §§ 315c (Gefährdung des Straßenverkehrs) und 316 (Trunkenheit im Straßenverkehr) StGB begangen, so kann das immerhin bis zu 5 Jahre Freiheitsentzug bedeuten. Verstößt man "nur" gegen die Vorschriften des § 24a StVG, so entsteht als Folge zwar eine Geldbuße und vielleicht noch ein Fahrverbot, eine Freiheitsstrafe droht aber nicht. Der Grund liegt darin, dass der alkoholisierte Fahrer bei einer Verletzung der Vorschriften des StGB eine Straftat begangen hat, die entsprechend sanktioniert wird. Bei einem Verstoß gegen das StVG wird dagegen eine Ordnungswidrigkeit begangen, was zur Folge hat, dass der Täter nicht bestraft, sondern nur "verwarnt" wird.

 

Grenzen für Fahrzeugführer

 

Bei einem Verstoß gegen § 315c oder § 316 StGB gelten folgende Promillegrenzen für die alkoholbedingte Fahruntauglichkeit:

·         von 1,1 Promille an hält die Rechtsprechung alle Kraftfahrer pauschal für fahruntüchtig. Man spricht hier von einer so genannten absoluten Fahruntauglichkeit. Folge: Anwendung des § 316 StGB!

 

·         zwischen 0,3 und 1,1 Promille spricht man von der relativen Fahruntauglichkeit. Hier müssen zusätzlich zum Blutalkoholgehalt bestimmte Umstände hinzukommen, die beweisen, dass der Fahrer auch wirklich fahruntauglich war. Die Beweislast liegt bei der Ordnungsbehörde!

Beispiele sind:

·         Schlangenlinien fahren

·         erheblich erhöhte Geschwindigkeit

·         Abkommen von der Fahrbahn etc.

 

Wenn die Fahruntauglichkeit bejaht wird, greift § 316 StGB ein. Ohne alkoholbedingte Fahrfehler (z. B. Sie kommen in eine Mausefalle, sonst haben Sie keinen alkoholbedingten Fahrfehler begangen), gilt § 24a StVG. Je höher der festgestellte Promillewert ist, umso leichter fällt hierbei der Ordnungsbehörde der Beweis des alkoholbedingten Fahrfehlers.

 

Für § 24a StVG (ohne alkoholbedingte Fahrfehler) gelten die Promillegrenzen von 0,5 bis 1,1

 

Ab 01.04.2001 beträgt das Verwarnungsgeld bei 0,5 Promille bis zu 750,- €, bei erstmaligem fahrlässigen Verstoß 250,- €. Hinzu kommen vier Punkte im Zentralregister in Flensburg sowie mindestens ein Monat Fahrverbot. Die Höchstgrenzen werden allerdings nur bei wiederholtem Verstoß erreicht. Allerdings kann schon vorher eine MPU auferlegt werden, insbesondere, wenn noch andere Verkehrsverstöße (z. B. Ampelverstoß) hinzu kommen (Grund: Zweifel an der Eignung, ein Kfz im Straßenverkehr zu führen). Die Kosten einer MPU können leicht 3.000,- € erreichen und übersteigen!

 

Wann muss man zur MPU?

 

BAK

in Promille

Bedeutung

Ahndung

ab 0,5

Bei relativer Fahruntüchtigkeit ist von Fahruntüchtigkeit (= Straftat) nur auszugehen, wenn alkoholbedingte Fahrfehler hinzukommen, die dem Fahrer bewiesen werden müssen; ansonsten bleibt es bei einer Ordnungswidrigkeit.

 

Ordnungswidrigkeit

Bis zu einer Blutalkoholkonzentration unter 1,1 Promille wird Alkohol am Steuer als Ordnungswidrigkeit geahndet. Nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit der Nr. 68 der Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) unterscheidet sich die Sanktion insbesondere danach, ob es sich um Ersttäter oder um Wiederholungstäter handelt.

1.1 Erstmaliger Verstoß gegen die 0,5 Promille-Regelung

Bei einem erstmaligen Verstoß gegen die 0,5 Promille-Grenze sieht der Bußgeldkatalog folgende Sanktionen vor:

  • Geldbuße von 250 €
  • 4 Punkte in Flensburg
  • 1 Monat Fahrverbot

1.2 Zweiter Verstoß gegen die 0,5 Promille-Regelung

Bei Kraftfahrern, gegen die im Verkehrszentralregister bereits eine Trunkenheitsfahrt eingetragen ist, erhöht sich das Bußgeld und verlängert sich das Fahrverbot wie folgt:

  • Geldbuße von 500 €
  • 4 Punkte in Flensburg
  • 3 Monate Fahrverbot

1.3 Mehr als zwei Verstöße gegen die 0,5 Promille-Regelung

Sind gegen einen Kraftfahrer in Flensburg bereits mindestens zwei Bußgeldverfahren wegen Alkohol am Steuer eingetragen, dann gelten ab der dritten Trunkenheitsfahrt folgende Sanktionen:

  • Geldbuße von 750 €
  • 4 Punkte in Flensburg
  • 3 Monate Fahrverbot

 

 

ab 0,3

· Sofern Fahruntüchtigkeit beweisbar ist (z. B. deutliches Schlangenlinienfahren), wird der Kraftfahrzeugführer nach den gleichen Strafvorschriften bestraft wie ab 1,1 Promille!

§ 316 StGB wird angewendet!

 

 

§ 316 StGB  TRUNKENHEIT IM STRASSENVERKEHR

 

Das Strafmaß des § 316 StGB reicht von einer Geldstrafe bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Daneben kann auch ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vorliegen § 315c StGB, der zu einer Höchststrafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe führen kann (z. B. bei Unfällen!)

 

Erfahrungswerte

Je nach Tatkonstellation verhängen die Gerichte erfahrungsgemäß folgende Strafen, die allerdings regional abweichen können (ohne Garantie):

 

Für die Höhe der Strafe muss man hierbei unterscheiden, ob die Tat fahrlässig oder vorsätzlich begangen wurde. Fahrlässig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man fährt und nicht weiß, dass man schon zuviel getrunken hat. Vorsätzlich bedeutet, dass man entweder ausdrücklich weiß, dass man zuviel getrunken hat. Oder man rechnet ernsthaft mit dieser Möglichkeit und findet sich damit ab (sog. bedingter Vorsatz).

 

 

§ 316 StGB

Täter

Strafe

Nebenstrafen

a) fahrlässiger Ersttäter

 

 

bis 1,09 ‰

30 Tagessätze

Immer: 7 Punkte in Flensburg

Führerscheinsperre 8-9 Monate; mind. 6 Monate!

bis 1,99 ‰

35 – 40 Tagessätze

Führerscheinsperre 9-10 Monate, u. U. MPU

bis 2,99 ‰

ab 45 Tagessätze

Führerscheinsperre mind. 12 Monate, bei Verdacht auf Alkoholabhängigkeit bis 24 Monate; MPU

ab 3,00 ‰

ab 55 Tagessätze

Führerscheinsperre mind. 18 Monate, bei Verdacht auf Alkoholabhängigkeit bis 24 Monate, MPU

b) vorsätzlicher Ersttäter

 

 

 

Erhöhung um 5-10 Tagessätze

Verlängerung der Sperrfrist um mindestens 2 Monate, MPU

c) Wiederholungstäter

 

 

Binnen 2 Jahre

3-4 Monate Freiheitsstrafe, Bewährung

Führerscheinsperre mindestens 2 Jahre, MPU

Nach 2-5 Jahren

Verdopplung der Geldstrafe nach a) und b),

Führerscheinsperre mindestens 18 Monate, MPU

Bei dem Vergehen der Trunkenheit im Verkehr steht auch automatisch regelmäßig fest, dass der Täter ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB. Dies hat den Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge. Sollte ausnahmsweise die Fahrerlaubnis nicht entzogen werden, so wird ein Fahrverbot verhängt, § 44 StGB.

 

Versicherungsschutz:

Daneben riskieren Sie bei erheblicher Alkoholisierung (ab 1,1 Promille) Ihren Versicherungsschutz aus der Kraftfahrzeughaftpflicht- oder Vollkaskoversicherung.

 

·         Für die Kraftfahrzeughaftpflicht bedeutet dies, dass die Versicherung den Schaden zwar reguliert, Sie aber mit 5.000,- € in Regress nimmt.

 

·         Für die Vollkaskoversicherung bedeutet dies, dass die Versicherung Ihren eigenen Schaden nicht bezahlt. Grund: grobe Fahrlässigkeit

 

 

Grenzen für Fahrradfahrer

 

Die Vorschriften des § 24a StVG gelten zwar nicht für Fahrradfahrer, da diese nur Kraftfahrzeuge betrifft. Jedoch gelten Fahrräder als Fahrzeuge im Sinne der § 315c und § 316 StGB. Der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit liegt mit 1,6 Promille etwas höher als bei den Fahrern eines Kraftfahrzeugs. Und obwohl das Fahrradfahren mit der Fahrerlaubnis in keinem direkten Zusammenhang steht, kann die Fahrerlaubnis entzogen werden. Denn "...auch wer betrunken Fahrrad fährt, kann den Führerschein entzogen bekommen, wenn aufgrund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens der Anlass zu der Annahme besteht, dass der Inhaber der Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeuges ungeeignet ist. Bei einer Person, deren Blutalkoholwert über 1,6 Promille liegt (Anm. d. Verf.: Manche Gerichte gehen von 1,5 Promille aus, vgl. NZV 1992, 292; NJW 1992, 992; NZV 1991, 334), kann von einer dauerhaft ausgeprägten Alkoholproblematik ausgegangen werden, weshalb auch Zweifel bestehen, ob die Person zum Führen eines Kraftfahrzeuges geeignet ist." (BVerwG, Az. 11 C 34.94)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

C:\Eigene Dateien\RECHT\LA Unerlaubte Handlung\LE1 Verschuldenshaftung\Alkohol im Straßenverkehr .htm Erstelldatum 13.06.2007 19:49